Hacking Hate – Fortbildung der „european schoolnet academy“

Jugendmedienschutz und Lernplattformen

Hacking Hate – Fortbildung der „european schoolnet academy“

Seit Jahren beobachte ich die extremen Kommentare, die in den sozialen Netzwerken zu finden sind. Mir fällt dabei auf, dass ich, dass ich nicht immer weiß, wie ich richtig darauf reagieren soll, gleichzeitig denke ich auch immer wieder darüber nach, wie man Schüler etwas an die Hand geben kann, um mit diesen Extremen umgehen zu können..

Modul eins

Eine sehr gute Hilfestellung gibt mir die aktuelle Fortbildung der european schoolnet academy. Sie heißt „Hacking Hate“, es geht also nicht nur darum, die Hintergründe zu Hasskommentaren zu erläutern, sondern vor allem auch darum, wie man mit diese bekämpfen kann.

Im ersten Modul ging es natürlich auch erst mal um die Definition, aber auch wie sich diese Kommentare in Form von Blasen oder Stereotypen weiter entwickeln.

Das Erschreckende ist, das es sich hier um ein Phänomen handelt, das sich über alle Kulturen und Länder hinweg verbreitet. Die Fortbildung ist eine internationale Fortbildung, sie findet in der Sprache Englisch statt, aber bei den verschiedenen Einheiten sieht man auch die Kommentare von anderen Menschen – in der Regel Pädagogen -, die die gleiche Fortbildung machen, aus unterschiedlichsten Ländern.

Ich nutze dazu auch meinen Blog, um die Erkenntnisse oder Informationen, die für mich besonders wichtig oder zentral sind, zu bündeln und hier noch mal aufzuführen.

Im ersten Modul fand ich Interessant, dass der Ansatz vor allem bei dem sogenannten EQ ansetzt, denn weder sind die Intelligenz noch die Persönlichkeit stark veränderbar, aber soziale Interaktion kann man durchaus lernen.

Wie extrem es ab und zu im Netz zu gehen kann, wurde an dem folgenden Video veranschaulicht. Es ist zwar in Englisch, aber ich denke, man kann es leider gut verstehen.

Reading mean comments | Riyadh K
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Published at 2017, February 17
Reading mean comments for the first time in 2017 and boy are they good! Trolling the trolls is one o
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Der Ansatz dieser Fortbildung ist das SELMA SEL Konzept.
Es besteht aus folgenden Elementen:
Self awarnes – Selbstbewusstsein – als die Fähigkeit sich selbst seine eigenen Emotionen bewusst zu werden.
Self Management – Selbstkontrolle, d. h. die eigenen Gefühle und Gedankenin unterschiedlichen Situationen regulieren zu können.
Social awarness – soziales Bewusstsein, d. h. die Gefühle anderer Menschen mit ihren unterschiedlichen spezifischen Unterschieden wahrnehmen zu können.
Relationship – Management – Beziehungs Management – d. h.Beziehungen zu Einzelpersonen oder Gruppen gesund aufbauen zu können.

Gerade auch die Vermittlung dieser ganzen Punkte an Schülerinnen und Schüler ist ein wesentlicher Bestandteil für die Aufgabe eines Lehrers, die Empathiefähigkeit und die Fähigkeit in Gruppen arbeiten zu können, gehören meines Erachtens zu den entscheidenden Softskills, die man im späteren Berufsleben benötigt.

Schwieriger im ersten Modul fand ich die Idee, per Twitter den Unterricht zu gestalten, vielleicht bin ich da als Jugendmedienschutzberater zu sehr mit den negativen Seiten der sozialen Netzwerke in Konfrontation geraten. so reizvoll es ist sich hier riesige Netzwerke aufbauen zu können, so problematisch sehe ich das auch von der Datenschutzlage.

Speziell für den Umgang mit Schülern würde ich empfehlen, in geschlossenen Portalen zu arbeiten.

Für wichtig halte ich auch die Differenzierungen zwischen den verschiedenen Rollen, angefangen natürlich von Täter und Opfer, aber darüber hinaus alle Mitläufer, Störer, Fans, aber auch letztlich denjenigen, die sich gegen solche Hasskommentare wehren.

interessant fand ich den ersten Versuch, etwas gegen Hasskommentare zu machen, indem man alle möglichen Hasskommentare für ein spezielles Event gesammelt hat und Künstlern die Vorgabe gegeben hat, etwas schönes daraus zu machen.

Honey Maid: Love
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Published at 2014, April 03
We made a commercial about what makes families, family. And we received a lot of comments. See what
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Seitens der Fortbildung wurde vorgeschlagen, das Gleiche mit Wordart zu machen. Die Idee finde ich prinzipiell gut, schwierig ist allerdings dabei, dass die negativen Begriffe bei Wortart auch entsprechend hervorgehoben werden. Aber vielleicht liegt auch genau darin der Reiz.

Modul Zwei

Dieses Modul beschäftigt sich mit der Problematik der schriftlichen Kommunikation. durch die fehlende Mimik, Tonlage oder Kontext sind schriftliche Kommunikationen sehr vielfältig zu interpretieren durch den Rezipienten.

Interessant fand ich auch den Zusammenhang mit den sogenannten Emoticons, da diese scheinbar die emotionale Gefühlslage darlegen können. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich zwar gleich zu Beginn bei einer Übung relativ viele einordnen konnte, aber speziell bei den negativen Emoticons Schwierigkeiten hatte, die Gesichter den jeweiligen Gefühlen richtig zuzuordnen. d. h. man glaubt nur, über die jeweiligen Bilder, die Gefühlslage des Gegenübers richtig einordnen zu können, ist allerdings davon abhängig, dass man mit der gleichen Interpretation an die Bilder herangeht.

Streng genommen müsste man diese Sprache lernen, da diese aber global übergreifend gelehrt wird, sondern in der Regel erst in kleinen Gruppen gemeinsam erarbeitet wird, muss man damit rechnen, dass es doch eine Reihe an Interpretationsspielräumen gibt, die wiederum zu Missverständnissen führen können.

Lustig fand ich in diesem Zusammenhang ein Video, dass einen Textverlauf eine Chat-Kommunikation komplett unterschiedlich ablaufen lässt.

Key & Peele - Text Message Confusion - Uncensored
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Published at 2014, October 09
Keegan and Jordan misunderstand the tone of each other's text messages while trying to make plans.

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Es wurde auch ein Video über den Umgang von Hasskommentaren seitens Facebook gezeigt. Erschreckend fand ich an dieser Stelle, die Antwort des verantwortlichen Mitarbeiters für die UK, der auf die Frage eines Schülers antwortet, dass Facebook versucht, Hinsicht seiner Richtlinien vor allem auch allgemein gültige Richtlinien weltweit zu sehen und damit auch begründet, warum manche Instagram Seiten von zum Beispiel Homosexuellen gelöscht worden sind. Mir stellt sich an dieser Stelle die Frage, wer Facebook kontrolliert, da die freie Entfaltung auch in sexueller Hinsicht durch die allgemeinen Menschenrechte gegeben sein sollte.

Wie nun mit den Hasskommentaren umgehen?

Der Kurs greift hier den Begriff der „ counter narratives“ auf. Ziel sollte es sein, den Hasserzählungen eigene Bilder entgegenzusetzen, die Basis sind dann aber weniger nicht greifbare emotionale Erzählungen, als vielmehr auf Grundlage von Fakten und logischen Folgerungen diesen zu widersprechen. Alternativ könne man auch über Humor oder Satire sich dem entgegenstellen.
Die Idee selbst gefällt mir wirklich sehr gut, allerdings sehe ich das Problem, dass der Arbeitsaufwand für die positive Seite deutlich höher ist, als der eine oder andere Dislike oder gehässige Kommentar, der unter ein YouTube Video oder ein Facebook Post gesetzt wird. Aber was soll’s, aktuell ist das die beste Idee.

Gegen Ende der Einheit kommen die Themen „filter bubbles“ bzw. „echo chamber“. Beide Phänomene bewirken, dass man in der Regel in seiner eigenen Meinung bestätigt wirkt.

Die Filterblasen entstehen durch die Algorithmen von Facebook bzw. Google, da diese auf mein Nutzungsverhalten achten und mir dann entsprechende Inhalte anbieten. Bei den Echo Chamber geht es dann mehr um die sozialen Netzwerke sprich die Menschen, mit denen ich mich umgebe. Diese tendieren dazu, feste religiöse, politische, soziale etc. Ansichten zu haben. Wenn ich mich in einer solchen Echokammer befinde, umgebe ich mich mit Menschen, die lediglich die gleiche Meinung wie ich selbst haben und damit fehlen neue Impulse von außen. Streng genommen muss man auch aufpassen, wenn man eine gemäßigten Meinung folgt, dass auch man selbst vermeindet, in Kontaktr mit anderen politischen Meinungen zu treten. Damit fehlt natürlich das wesentliche Element eines Dialogs, das wäre dann also die Gefahr, wenn man sich aus sperrigen Netzwerken zurückzieht.

Insgesamt fällt auf, dass vor allem auch die jüngere Generation starke Probleme mit dem Thema Hasskommentare hat. Speziell der Gruppendruck und das Bedürfnis, zur Gruppe dazu zu gehören, wirkt sich bei pupertierenden Jugendlichen besonders negativ aus. Interessant finde ich hier an dieser Stelle, dass sich das auch in anderen Ländern beobachten lässt.

Modul drei

Das Modul beginnt mit der Frage, ob Hass ein fester Bestandteil der modernen Zeit bzw. unsere Kultur geworden ist. Tatsächlich halte ich das durchaus für ein bedenkenswerte Überlegung. Die extremen Hasskommentare sind in der modernen Zeit durch die sozialen Netzwerke verstärkt vorhanden. Vor allem das Problem der Filterblasen wirkt sich hier meines Erachtens besonders negativ aus.

Drei zentrale Reaktonen sind seitens der Fortbildung zu nennen.

  • Der erste Weg wäre ein Aktivismus, der in Form von gegen Kampagnen auf die Hasskommentare reagiert.
  • Der zweite Weg konzentriert sich auf die Bildung, speziell die Ausbildung, dafür ist natürlich die Schule geradezu prädestiniert.
  • Der dritte Weg wäre die Fürsorge, d. h. als Anwalt für die Opfer aufzutreten.

Erschreckend ist zu sehen, wie hart der Beruf der Moderatoren ist, die die Hasskommentare löschen müssen. 8000 Beiträge pro Tag muss sich jeder Mitarbeiter anschauen. Das ist auf Dauer überhaupt gar nicht zu verkraften, außer man stumpft komplett ab, aber dann wäre man ja auch nicht in der Lage, die Beiträge sinnvoll zu beurteilen. In dem Bericht wird allerdings auch deutlich, dass der Druck seitens der Vorgesetzten der sozialen Netzwerke sehr hoch ist, niemand darf über diese Kommentare berichten, außer man ist bereit, einen juristischen Kampf mit den großen Netzwerken aus zu fechten.

Die großen sozialen Netzwerke wie Facebook oder YouTube haben streng genommen strikte Regelungen, so müssten zum Beispiel auf YouTube sämtliche Videos gelöscht werden, die zum Beispiel rassistische oder Religion diffamierende Beiträge beinhalten. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass diese auch gemeldet werden müssten, daher per se gerade auch Videobotschaften oder Videos sehr schwer zu analysieren sind. Selbst bei den Kommentaren muss ich auch immer wieder feststellen, dass bei Videos wie zum Beispiel einem Dokumentarfilm zu Anne Frank immer wieder auch rassistische oder judenfeindliche Beiträge zu finden sind. Ich habe nicht den Eindruck, dass das Melden solcher Beiträge immer hilfreich wäre.

Modul vier

Nun geht es an die Umsetzung der Schulung.
Ziel ist es, als Multiplikator und gleichzeitig auch als Anwalt für die Opfer sich zu engagieren.

Interessant ist hier, dass auch von dieser Schulung vorgeschlagen wird, sich Unterstützung aus den jeweiligen Peergroups zu holen. Das bestätigt mich in meiner Arbeit mit der Medienscouts AG, da das genau der Ansatz ist, den ich schon seit einigen Jahren verfolge. Auch von den Auswertungen her bewegt sich die Antwort immer im positiven Bereich. Ich evaluiere das Ganze mit dem sogenannten Net Promoter Score.

Interessanterweise soll man auch hier die Vorgehensweisen von anderen Leuten beurteilen, ich bin mal gespannt was für eine Note ich für unser Konzept an der Albertus Magnus Schule bekomme. Die Fortbildung hat mich allerdings auch dazu motiviert, noch weitere Schritte zu gehen.

Weiterhin wird empfohlen auch von den Begrifflichkeiten darauf zu achten, dass einzelne Worte im unterschiedlichen Kontext unterschiedliche Wirkungen haben können. D. h. wir Jungs, oder die Jungs, kann entweder die Zusammengehörigkeit betonen (Bild: Schere) bzw. den Unterschied betonen (Klebstoff). Das ist soweit richtig, allerdings frage ich mich ob das in dieses Modul hineinpasst, da es ja vor allem darum geht, einen Plan zu besprechen.

Gegen Ende des Abschnitts 4.2 wird dann betont, dass man einen festen Ansprechpartner benötigt innerhalb des schulischen Kontextes, tatsächlich ist das von mir implementierte System mit der Medienscouts genau das, was Wir an der AMS bereits umsetzen. Allerdings liegt der Schwerpunkt mehr auf dem Thema Cybermobbing als auf das Thema Hating/Hasskommentare.

Ein interessanter Punkt ist ein Vorschlag, wie man mit unterschiedlichsten Methoden ein Statement gegen Hating-Kommentare geben kann. Hier sind doch einige Ideen genannt, auf die ich selbst noch gar nicht gekommen bin, das wird in Zukunft sicherlich ein reicher Fundus sein, auf den ich zurückgreifen kann.

 

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